20.11.2014
Tanzen und Reiten...
Eines der schönen Dinge beim Reiten ist, dass man immer weiter lernt...
So war ich z.B. lange Zeit der Meinung, dass es mein Ziel sei, am lockeren, sprich leicht durchhängenden Zügel, zu reiten.
Jetzt hat sich dieses Ziel aber geändert. Warum, das kann ich vielleicht an einem Tanzpaar erklären: Wenn der Zügel durchhängt, dann habe ich in dem Moment keinen "Draht" zum Pferd, ich verzichte auf eine wichtige Kommunikationsebene, wie wenn eine Telefonleitung tot ist. Wenn ich den Zügel dann wieder benötige, dann ist das Aufnehmen des Zügels, so gut ich es auch mache, immer ein kleines Geruckel im Maul. Ausserdem ist eben meine Verständigung, meine Leitung über lange Phasen hinweg "tot".
War ist dann die Alternative?
Wie ist das bei einem Tanzpaar: beide Tänzen halten eine so elastische Verbindung, dass der eine den anderen führen kann, ohne Geruckel, ohne Zupfen und Zerren; der eine führt, der andere lässt sich führen. So entsteht eine fließende Bewegung, in der beide Partner harmonieren und sich jederzeit spüren können.
Das ist mein neues Ziel für eine optimale Zügelverbindung, die wir ja auch in diesem Sinne Anlehnung nennen.
Natürlich kann man auch anders tanzen: ganz ohne Verbindung. Auch das kann Spaß machen, ohne Frage. Es ist aber eine andere Art zu tanzen, die an anderer Stelle ihren Platz hat, zum Beispiel im übertragenen Sinne beim Wanderreiten oder ganz am Anfang beim Jungpferdereiten. Logisch?
06.11.2014
Authentisch sein....
Habe ich es schon einmal gesagt?
Ich liebe Pferde!
Egal, wie sie sind: dick, dünn, clever oder auch weniger schlau; unkompliziert oder eine Herausforderung. Jedem Pferd, das ich trainiere, begegne ich mit Respekt, Neugier und ehrlichem Interesse.
Und die Pferde merken das. Sie bemerken, dass sie ernst genommen werden und vor allem, dass sie in ihrer Gesamtheit wahrgenommen werden. Persönlichkeit, Lebensfreude, Energie, Gebäude, Balance, Erwartungshaltungen, Gangveranlagung, Gangvermögen, Einsatzbereitschaft, Kommunikationsvermögen, Körperbewusstsein... alles gehört zum Pferd, alles gehört zum Menschen.
Ich nehme sie, wie sind, nicht, wie ich sie gerne hätte. Und zwar jetzt und hier. Wenn sie sich bemühen, dann freue ich mich, wenn sie nicht verstehen, erkläre ich - in ihrer Sprache. Wenn sie dagegen sind, überzeuge ich. Mit Konsequenz und Logik und niemals mit Ärger und Zorn. "Emotionen auf Null!" - meine Schüler kennen den Spruch: wir helfen den Pferden zu lernen, wie dürfen niemals böse auf sie sein.
Und was die Pferde immer spüren: ob wir authentisch sind oder ihnen etwas vorspielen. Was wir mit ihnen machen, müssen wir auch spüren. Lehren mit unterdrückter Wut oder Loben ohne echte Freude funktioniert nicht - der Trainer muss authentisch sein - die Pferde sind es garantiert!
31.10.2014
Genau hingesehen...
Viele von Euch haben meine Gedanken zum Gebäude der Schimmelstute vom 8.Juli mit großem Interesse gelesen und nach einer Fortsetzung gefragt. Hier kommt sie an Hand eines Fotos von Leikur.
Leikurs Gebäude passt ganz genau zu seinen Reiteigenschaften: das möchte ich hier kurz erklären.
Betrachten wir das Foto, dann wird eines sofort klar: er ist sehr harmonisch und ausgewogen gebaut: alles passt zusammen. Das ist schon einmal eine sehr gute Voraussetzung für sein Leben als Reitpferd. Wenn wir dann genauer hinsehen, dann erkennen wir mehr:
1. Die Rückenlinie ist harmonisch geschwungen, der Übergang vom Rücken zur Kruppe ist fließend und sehr harmonisch. Der tiefste Punkt ist in etwa mittig, der Reiter kommt genau an der richtigen Stelle zum Sitzen.
2. Die Hinterhand ist etwas nach hinten herausgestellt. Das bewirkt eine gute und hohe Schubkraft und einer weniger ausgeprägte Tragkraft. Typisch für ein Pferd mit viel lockerem Tölt und weniger ausgeprägter Trabstärke.
3. Die Vorhand steht annähernd gerade unter dem Körper. Dies stützt und stabilisiert gut. Wäre sie deutlich nach vorne herausgestellt, würde der Rücken nach unten "hängen" und weniger kraftvoll sein.
4. Der Oberhals ist harmonisch und beweglich gewölbt. Zusammen mit dem guten Hals ansatz (5) macht das den Hals beweglich und gut aufgerichtet, ohne dass das Pferd einen Unterhals bekommt.
5. Der Hals ist gut angesetzt (der Halsansatz befindet sich in der "Mitte" des Rumpfes - Linie 5).
Fazit: Leikur zeigt die typischen Merkmale eines gut ausbalancierten Pferdes mit viel Naturtölt und sehr guten Eigenschaften im Bereich von Hals und Rücken - ein Pferd, das dem Reiter ein gutes Gefühl vermittelt!
15.09.2014
Kleiner Fototipp - Teil 2
Hier ist jetzt ein Beispiel, bei dem der Hintergrund in größerer Entfernung vom Pferd ist. Der Unterschied ist klar zu sehen: Galsi und die Gräser vor ihm sind scharf abgebildet, die Bäume im Hintergrund sind weichgezeichnet und lenken den Blick nicht vom Motiv ab.
Ein Klick auf das Bild macht es noch deutlicher...
15.09.2014
Kleiner Fototipp
Je dichter das Pferd vor dem Hintergrund steht (wie hier zum Beispiel Leikur vor der felswand), umso deutlicher und schärfer wird der Hintergrund auf dem Bild dargestellt.
Je gerößer die Distanz zwischen Motiv und Hintergrund ist, umso mehr verschwimmt der Hintergrund und erscheint dann unscharf und weichgezeichnet.
Möchte man den Blick möglichst intensiv auf das Pferd lenken sollte man also darauf achten:
- möglichst viel Abstand zwischen Pferd und Hintergrund
- möglichst ruhiger Hintergrund, der nicht vom Motiv ablenkt
- die Kamera passend einstellen (d.h. möglichst offene Blende)
Wie man die Kamera passend einstellt, das könnt ihr bei meinen Fotoworkshops lernen...
14.08.2014
Schimpfen notwendig?
Ich bleibe nochmal beim letzten Thema: der Name ist tabu...
Dazu habe ich nämlich noch eine viel wichtigere Meinung...
Das Schimpfen an sich ist für mich eine eher ziemlich unsinnige Angewohnheit des Menschen. Denn wie sieht das in der Praxis oft aus? Der Reiter hat eine Vorstellung, z.B., dass sein Pferd beim Aufsteigen still stehen bleiben soll. Das Pferd hat erst einmal keine Ahnung von dieser Vorstellung des Reiters. Der Reiter beginnt mit den Vorbereitungen für das Aufsteigen und sein Pferd tritt nach vorne, während er den Steigbügel aufnimmt. Nun sagt der Reiter vielleicht "Hetja, nein!!!" Für den Reiter ist klar, was das bedeutet, denn er möchte ja das Hetja stehen bleibt. (Und er denkt vielleicht: Oh, Mist, Rosl hat doch gesagt, ich soll nicht mit dem Namen schimpfen...). Für das Pferd ist aber nicht klar, was mit dem "Nein" gemeint ist und es kann keine Rückschlüsse auf sein eigenes Verhalten, bzw. auf das eigentlich gewünschte Verhalten ziehen. Ausserdem benutzen wir das "Nein!!!" andauernd und es hat immer unterschiedliche Bedeutung: mal soll das Pferd stehen bleiben, wenn wir "Nein!!!" sagen, mal soll es vielleicht gerade eben nicht stehen bleiben, mal soll es nicht scharren, uns nicht umrennen, seinen Nachbarn nicht zwicken, oder oder oder... Es kann nichts aus dem "Nein!!!" lernen.
So, was wäre also besser?
Statt immer "Nein!!!" zu sagen, ist es viel besser, dem Pferd zu sagen, was es eigentlich tun soll. Also zum Beispiel "Steh!!!", wenn es stehen bleiben soll, oder wenn es aufhören soll zu scharren.
Statt der negativen Korrektur, lieber eine positive, klare Ansage geben!
Dadurch lernt das Pferd, was wir von ihm erwarten, statt, dass es ständig geschimpft werden muss...
18.07.2014
Der Name ist tabu...
...wenn Sie mit mit Ihrem Pferd einmal "schimpfen" müssen. Meine Meinung: niemals mit dem Pferdenamen schimpfen - also nicht rufen: "Katla!", wenn man Katla schimpfen möchte, sondern lieber "Lass das!"
Warum?
Der Name sollte für ein Tier eine positive Verknüpfung haben. Wenn Sie also "Katla!" rufen, dann sollte Katla sich freuen und im besten Fall vom hintersten Ende der Weide zu Ihnen gelaufen kommen. Wenn Katla ihren Namen hört, sollte sie sich also freuen können!
08.07.2014
Probleme verstehen
Im Rahmen meiner Ausbildungsberatung oder während der Berittzeit erläutere ich dem Pferdebesitzer die Zusammenhänge zwischen dem Gebäude (Exterieur) und den Reiteigenschaften seines Pferdes. Wie so eine Analyse aussehen kann, das zeige ich hier mit einem Beispiel.
Auf dem Bild ist eine 14-jährige Schimmelstute zu sehen, die verschiedene "Problemzonen" im Gebäude hat, die sich unter dem Sattel bemerkbar machen. Grundsätzlich unterscheide ich immer in Gebäudefehler, die sich nicht auf das Reiten auswirken (wie zum Beispiel zu lange Ohren) und solche, die dem Pferd beim Reiten das Leben schwerer machen. Es ist gut, wenn der Reiter weiss, welche Probleme beim Reiten ihre Ursache im Gebäude haben, denn nur dann kann man die Schwierigkeiten einordnen und angehen - oder muss manche Probleme auch akzeptieren. Nobody is perfect - gilt auch für Islandpferde.
So, diese Stute hat also verschiedene Probleme:
1: Sie ist überbaut. Das Überbautsein hat seine Ursache meist in einem zu wenig gewinkelten Hinterbein. Becken, Knie und Sprunggelenk sind nicht optimal gewinkelt, sondern zu gestreckt und dadurch kommt die Hinterhand insgesamt (also auch die Kruppe) zu hoch. Das verursacht verschiedene Probleme:
- die gerade Hinterhand kann sich nicht so gut winkeln und tut sich schwerer, unterzutreten und Last aufzunehmen.
- die Rückenlinie fällt nach vorne ab und der tiefste Punkt des Rückens liegt dicht hinter dem Widerrist (2). Dadurch rutscht der Sattel nach vorne, der Reiter sitzt zu weit vorne und belastet zu viel die Vorhand. Das wiederum verstärkt die Schwierigkeit der Hinterhand, Last aufzunehmen und zu tragen und steigert die Probleme der steilen Hinterhand. Der Reiter bekommt das Gefühl bergab zu reiten.
3: Durch die steile Hinterhand ist der Abstand vom Knie zum Boden deutlich größer als vom Boden zum Ellenbogen. Die Vorderbeine sind also kürzer als die Hinterbeine. Das wiederum steigert erneut die Tendenz, die Vorhand zu viel zu belasten und führt dazu, dass die Hinterhand mehr schiebt als trägt und das Pferd wiederum etwas bergab läuft.
4: Die Schulter ist relativ steil, die gesamte Schulterpartie ist kürzer und enger, als die Hinterhand (vergleiche die Breite der Schulter und des Beckens - Linien 5). Auch das ist wieder ein Nachteil, der die gleichen Probleme verursacht wie schon beschrieben.
Alle diese Kriterien wirken zusammen und die Stute hat leider keinen "Gegenspieler" zu diesen Problemen, der das vielleicht kompensieren würde.
Der Reiter wird also zeitlebens daran arbeiten müssen, der Stute zu einem besseren Gleichgewicht zu verhelfen. Sie braucht eine gute Ausbildung, um die Schwierigkeiten auszugleichen. Sie braucht viel Zeit für die Ausbildung und wird sich trotzdem letzten Endes nie genauso leicht tragen können, wie ein Pferd, das optimale Voraussetzungen dafür hat.
Ich meine, es ist gut, wenn Reiter und Ausbilder das wissen, um das Pferd fair und angemessen anzuleiten. Ich verstehe diese Beurteilung auch nicht als Fehlersuche oder "schlecht machen" eines Pferdes. Ich möchte jedem Pferd im Rahmen seiner Möglichkeiten die beste Ausbildung zukommen lassen. Und dafür brauche ich eine klare Einschätzung seiner Fähigkeiten. Diese Fähigkeiten betreffen nun nicht nur das Gebäude, sondern genauso die Gangveranlagung, die es geerbt hat und die inneren Merkmale: Leistungsbereitschaft, Temperament, Freude und Aufgeschlossenheit. Aber das sind wieder andere Themen...
So; natürlich gibt es immer auch positive Exterieurmerkmale: Die Stute hat einen gut geformten Hals mit einer recht gut gewölbten Oberlinie un ordentlicher Aufrichtung. Der Halsansatz könnte etwas höher sein, und der Unterhals etwas schlanker. Aber damit können Reiter und Pferd bestimmt umgehen. Der Hals wird dem Pferd keine Schwierigkeiten beim Reiten machen.
20.06.2014
Das Jungpferdemaul schonen
Beim Einreiten eines Jungpferdes ist es die Aufgabe des Trainers, das Maul des Jungpferdes zu schonen und ihm die Zügelhilfen so verständlich zu machen, dass es das Gebiss weich anzunehmen lernt.
Dafür sind verschiedene Methoden üblich. Manche trainieren die Jungpferde generell erst einmal mit einer gebisslosen Zäumung, manche Reiter verschnallen die Zügel im Gebiss und im hannoveranischen Reithalfter, manche benutzen ein Knotenhalfter und führen die Zügel durch den Gebissring in das Halfter. Auf Island ist ein Verbindungsstück zwischen Gebiss und Nasenriemen, in das die Zügel eingeschnallt werden, weit verbreitet... Viele Wege führen bekanntlich nach Rom.
Ich finde die Verschnallung, die man hier bei meiner fünfjährigen List vom Gut Waldeck sieht, sehr praktisch:
ich benutze bei den Jungpferden gerne eine Schenkeltrense. Nicht, weil ich Angst habe, dass ich das Gebiss durch das Maul ziehen würde (dann wäre die Zügelhilfe viel zu stark!), sondern, weil die Schenkel eine seitwärtsweisende Wirkung haben. Wenn ich also den linken Zügel annehme, dann bekommt das Pferd rechts einen zusätzlichen Impuls, abzuwenden.
Den Zügel führe ich von hinten unter dem kombinierten Sperrhalfter hindurch, durch den Gebissring und schnalle ihn dann (bei diesem extrem praktischen Zügel) in einen kleinen Ring. So wirkt der Zügel, wenn er fein eingesetzt wird zunächst auf das Gebiss und somit das Maul. Wenn man den Zügel aber einmal stärker einsetzen muss - was durchaus einmal vorkommen kann - dann wirkt er quasi ausschliesslich auf den Nasenriemen. Dadurch kann ich meine Anforderung durchsetzen, ohne dass ich Sorge haben muss, dass eine zu starke Zügelhilfe auf das feine Jungpferdemaul einwirkt.
Meine Jungpferde laufen eine ganze Weile mit dieser Verschnallung. Wenn sie gelernt haben, locker im Gelände und in der Reithalle die einfachen Bahnfiguren in allen Gängen zu laufen, dann beginne ich damit, die Zügel in das Gebiss zu schnallen.
07.05.2014
Dehnen, tragen, wölben
Ganz klar, die Verbesserung der jungen Stute muss über eine aktive Dehnung vorwärts-abwärts erfolgen. Auf dem Foto sieht man gut den erfolgreichen ersten Schritt auf diesem Weg - der im Übrigen gar nicht so steinig ist, wie man denkt, um erneut auf das Lied zurück zu kommen...
Die Dreieckszügel werden dafür tief verschnallt und sollen eine Dehnung vor der Senkrechten erlauben - sie müssen aber in deutliche Anlehnung kommen, wenn das Pferd versucht, sich nach oben zu entziehen. Selbst wenn das Pferd kurzfristig, so wie hier, etwas hinter die Senkrechte tendiert, ist das nicht weiter schlimm, wenn der Hilfszügel in dem Moment locker ist und das Pferd nicht in diese Position zwingt. Viele Pferde finden diese Kopf-und Halsposition anfangs recht angenehm und beginnen erst daraus, sich vor die Senkrechte zu dehnen. Etwas Zeit und Geduld reichen in der Regel aus, um sie nach vorne ans Gebiss zu bekommen.
Ich habe auch keine Sorge, dass das Pferd dabei zu tief kommt, denn wie man gut sehen kann, ermöglicht diese tiefe Form eine optimale Dehnung der oberen Halsmuskulatur bei einer aktiv nach vorne schwingenden Hinterhand. Dies wiederum ermöglicht der Bauchmuskulatur, sich zu heben und somit den Rumpf zu tragen. Dadurch kann der Rückenmuskel sich dehnen, die Dornfortsätze der Wirbel entfernen sich voneinander - der Rücken wölbt sich auf, wie man so sagt.